Pioniertat mit Langzeitwirkung

Die H&R Ölwerke Schindler sind Weltmarktführer in der Produktion und dem Vertrieb von Weichmachern für die Reifenindustrie. Mithilfe der IFB Hamburg und aus Mitteln der Behörde für Umwelt und Energie hat das Traditionsunternehmen einen neuartigen Weichmacher entwickelt, das auf pflanzlichen statt auf mineralischen Ölen beruht.

Ein Autoreifen ist in der Herstellung komplexer als der Laie es sich gemeinhin vorstellt. Er besteht aus mindestens 15 Bauteilen, die zusammengefügt werden müssen, in jedem ist Kautschuk enthalten, das mit diversen mineralölbasierten Weichmachern modifiziert wird – mit 400 Gramm pro Reifen.

Rund eine Millionen Tonnen Spezialprodukte aus Rohöl stellt die Hansen & Rosenthal Gruppe in verschiedenen Standorten her, gut 60 Prozent gehen an die Automobilindustrie, wovon wiederum 35 Prozent kennzeichnungsfreie Weichmacher für unterschiedlichste Kautschukanwendungen sind. „Wir haben eine Technologie entwickelt, mit der wir verhindern, dass in diesen Weichmachern eine kritische Konzentration an toxikologisch relevanten Substanzen erreicht werden kann“, sagt Jürgen Trimbach. „Das“, betont der Product Manager Process Oils and Head of Research & Development bei H&R Ölwerke Schindler nicht frei von Stolz. „können nicht alle. Wir können das sehr gut.“

Doch das Unternehmen mit seinen 265 Mitarbeitern in Hamburg, dessen Raffinerie sich unweit der Köhlbrandbrücke befindet und das 2019 sein 100-jähriges Jubiläum feiert, wollte mehr. „Aus Umweltgründen wollten wir den Einsatz von Mineralöl in industriellen Anwendungen reduzieren“, erzählt Trimbach. Zwei Jahre forschte der Chemie-Ingenieur mit seinem Team um Dr. Margret Haase-Held an einem neuen, pflanzenbasierten Weichmacher. „Pionier TB 130 B“, so der Name, basiert unter anderem auf einer ganz bestimmten Sorte von Sonnenblumenöl, das in der Nahrungsindustrie keine Rolle spielt. Im Vergleich zum Standardprodukt wird rund zwei Drittel weniger CO2 in der Herstellungsphase erzeugt.

Und das ist nicht der einzige Vorteil, der Bio-Weichmacher ist in der Nutzungsphase auch energiesparender und leistungsfähiger. „Tests haben ergeben, dass sich der Rollwiederstand von Pkw-Reifen um bis zu 4 Prozent gegenüber herkömmlichen Weichmachern reduzieren lässt. Dazu muss man wissen, dass die Reifen rund 25 Prozent des Treibstoffverbrauchs eines PKW ausmachen“ erzählt Trimbach. „Bei Lkw-Reifen hat sich der Abrieb um bis zu 10 Prozent vermindert.“

Mit 110.000 Euro hat die IFB Hamburg das Projekt mit Mitteln aus dem Förderprogramm PROFI Umwelt der Behörde für Umwelt und Energie gefördert, da es exemplarisch für die Verbindung von Innovationskraft und ökologischer Nachhaltigkeit am Standort Hamburg steht. „Forschung ist sehr teuer, die Unterstützung hat extrem geholfen“, sagt Trimbach.
Eine Erfolgsgeschichte also, aber auch eine, die noch nicht zu Ende geschrieben ist. Der Vertrieb für Pionier TB 130 B ist inzwischen erfolgreich gestartet. Jedoch steht dieser in Konkurrenz zu herkömmlichen Weichmachern auf Mineralöl-Basis, deren Preis wiederum an den Ölpreis gekoppelt ist. Je teurer also das Rohöl desto besser die Absatzchancen für das umweltverträglichere Alternativprodukt.

Die Bilanz des Projekts fällt uneingeschränkt positiv aus, da lässt Trimbach keinen Zweifel: „Unser Ziel ist eine grüne Raffinerie. Wir haben viel Knowhow aufbauen können und in unserer Forschung wichtige Erkenntnisse gewonnen, die auch in andere Produkte einfließen. An denen arbeiten wir intensiv.“

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