Ruhe auf Knopfdruck

Für die Fahrer von Bau- und Landmaschinen hat das Startup recalm ein innovatives Akustikgerät entwickelt. Es schluckt den Lärm, ganz ohne Kopfhörer. Auch dank Unterstützung mit Zuschüssen der EU-Kommission und aus dem Programm InnoRampUp der Stadt Hamburg läuft die Produktentwicklung auf Hochtouren.

„Krass“ –„Ist ja irre“ – „Wahnsinn. Echt gut!“ Die Reaktionen auf dem Hamburg Innovation Summit, dem Gründer-Treffpunkt für die Metropolregion, hätten eindeutiger kaum sein können. Eben noch war es in der Kabine des Demonstrators richtig laut, plötzlich herrschte (fast) komplette Ruhe. Die Probanden waren beeindruckt.

Schall frisst Schall: Dieses Prinzip machten sich die Gründer des Startups recalm zu nutze. Für Bau- und Landmaschinen entwickelten sie ein Akustikgerät, das zum Beispiel in die Kopfstütze des Sitzes im Führerhaus eines Baggers integriert werden kann – und schädlichen Lärm minimiert. Auf Knopfdruck verschwindet bis zu 75 Prozent des Geräuschpegels. Bestimmte hochfrequente Signale, wie sie etwa beim Rückwärtsfahren ertönen, sind weiter hörbar. „Weltweit können nur sehr wenige Unternehmen unabhängig von Kopfhörern im Freifeld eine aktive Lärmminderung anbieten“, sagt Lukas Henkel, einer der Gründer.

Die Idee zu recalm hatte sein Kollege Marc von Elling, der oberhalb des Fischmarktes in Altona wohnt, und bei geöffnetem Fenster nachts oft keine Ruhe fand. Den Lärm für möglichst viele Menschen zu mindern, das war zunächst die Vision. Von Elling suchte sich Mitstreiter und so entstand ein Team aus vier Gründern, in dem jeder eine andere Kompetenz einbringt, von der Hardware- und Softwareentwicklung bis zum Business Development. Gemeinsam entwickelten sie ihr Produkt, das mithilfe von Mikrofonen, Mikro-Prozessor, Algorithmus und Lautsprecher ein Anti-Schall-Signal erzeugt, das auf die Schallfrequenzen der jeweiligen Lärmgeräusche abgestimmt ist und so einen Großteil davon schluckt. Nach einigen Umwegen konzentrierten sie sich zunächst auf eine Branche: Nutzer von Bau- und Landmaschinen.

Verschiedene Förderangebote können kombiniert werden

Das Airbus BizLab-Acceleratorprogramm belegte die Machbarkeit des Konzepts, das bald weitere Anhänger fand. Recalm wurde vom EXIST-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt, auf der Hannover Messe gewann das Startup den Gründerwettbewerb Digitale Innovation des BMWi. Seit August 2018 wird die recalm GmbH im Rahmen des InnoRampUp-Programms der IFB Innovationsstarter GmbH mit Zuschüssen gefördert. Mit diesem Angebot stützt die IFB Hamburg insbesondere technologiebasierte innovative Gründer, um zum Aufbau aussichtsreicher Unternehmen beizutragen.

Das Enterprise Europe Network (EEN) in der IFB Hamburg half recalm auch bei der Beantragung von europäischen Fördermitteln. Das „Enterprise Europe Network“ ist ein Beratungsnetzwerk der Europäischen Kommission für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) und unterstützt diese auch beim Zugang zu europäischer Förderung. Anfang 2019 erhielt das Startup 50.000 Euro von der EU-Kommission für Produktverbesserungen – ergänzend zu den InnoRampUp-Zuschüssen aus dem Budget der FHH. Die EU-Zuschüsse werden zunächst auf sechs Monate verteilt, eine Anschlussförderung kann beantragt werden.

Umfassende Beratung durch die Förder-Experten der IFB Hamburg

„Recalm ist ein hervorragendes Beispiel, wie ein innovatives junges Unternehmen durch eine geschickte Nutzung und Kombination verschiedener Förderprogramme auf Hamburger, Bundes- und EU-Ebene die Unternehmensentwicklung vorantreiben kann. Es wäre toll, wenn sich in Hamburg noch mehr KMU an EU-Förderung herantrauen“, sagt Sibyl Scharrer, Beraterin für EU-Förderung beim IFB Beratungscenter Wirtschaft.

„Die Förderung spielte in der Startphase für uns eine extrem wichtige Rolle. Sie hat uns erst in die Lage versetzt, unsere allerersten Schritte beim Unternehmensaufbau ohne fremde Hilfe zu gehen. Mittlerweile haben wir einen strategischen Investor dazu gewonnen“, betont Lukas Henkel. Im Rahmen der EU-Förderung führt recalm zum Beispiel Tests mit Fahrern auf Baustellen durch, um herauszufinden, ob zusätzliche Ansprüche und Wünsche an das System bestehen. „Die Kollegen wollen nichts auf den Ohren“, stellt Henkel fest.

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Bild Credits:

  • Recalm
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  • Katrin Schöning
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